Der innere Kritiker und wie du ihn unter deine Kontrolle bringst

«Das hast du schon wieder falsch gemacht!» «Du bist ganz schön blöd!» «Du bringst nichts, aber auch gar nichts, auf die Reihe!» «Wer mag dich schon!» «Wie du wieder aussiehst!» Würdest du so mit einem lieben Menschen oder mit einem Mitarbeiter, einer Mitarbeiterin reden? Wohl kaum. Und wie ist es mit dir selbst?

Wir kennen sie alle, diese Stimme in unserem Kopf für zu viel Selbstkritik, zu viel Selbstvorwürfe aber zu wenig Selbstliebe. Diesen inneren Kritiker kannte ich nur allzu gut. Um von meinen Eltern Anerkennung und Zuneigung zu erhalten, musste ich mich sehr anstrengen und genau so verhalten, wie sie es von mir erwarteten, als Mädchen sowieso…

Heute weiss ich, dass die Selbstkritik in meinen Selbstgesprächen oft überzogen war und kaum etwas mit der Realität zu tun hatte. Der innere Kritiker sagte mir vor allem, was nicht geht, rief nur Fehler in Erinnerung, ich nur geliebt werde, wenn ich besonders viel leiste. Das hat ganz schön an meinem Selbstwertgefühl genagt. Aber das war einmal. Zum Glück!

Entstehung des inneren Kritikers

Er entsteht in unserer Kindheit durch einen Mangel an Lob und ein Übermass an Kritik. Daraus entwickelt sich die Vorstellung, dass wir nur geliebt werden, wenn wir das gewünschte Verhalten an den Tag legen. Bei Fehlverhalten gibt es Ärger, Strafen und sogar Liebesentzug. Um dem zu entgehen, übernehmen Kinder Verhaltensnormen, die von ihnen erwartet werden.

An und für sich ist das okay. Der innere Kritiker kann aber zu einem Problem werden, wenn er zu laut wird und bei jeder Gelegenheit seinen Kommentar abgibt. Oder wenn wir unser Verhalten mit dem Wert unserer Person gleichsetzen. Tue ich etwas Schlechtes, dann bin ich als Mensch schlecht, tue ich etwas Dummes, dann bin ich dumm. Das stimmt nicht und verursacht Minderwertigkeitskomplexe.

Fehler sind menschlich, niemand ist perfekt und Perfektionismus wirkt sowieso unsympathisch. Sich für Fehler zu stark zu kritisieren, schwächt das Selbstvertrauen, schürt die Angst vor dem Versagen, der Mut dranzubleiben geht verloren.

Die gute Nachricht ist: Den inneren Kritiker können wir alle in den Griff bekommen, damit er uns noch als «stiller» Berater dient.

Hier meine Tipps, um den inneren Kritiker unter deine Kontrolle zu bringen:

Vorab: Studien haben bewiesen, dass Selbstgespräche, die in der dritten Person geführt werden, wirkungsvoller als die in der Ich-Form sind.

Schaffe dir einen liebevollen Begleiter

Höre kritisch auf die innere Stimme und überlege dir, was du in dieser Situation einer Person sagen würdest, die du besonders gut magst. Oder stelle dir vor, was dir deine beste Freundin, dein bester Freund raten würde. Schaue mit Selbstmitgefühl und wohlwollenden Blicken auf die eigenen Unzulänglichkeiten.

Besänftige den inneren Kritiker und erkläre ihm:

  • «Sie bekommt das schon hin. Sie hat schon ganz Anderes geschafft. Wie beispielsweise, damals als sie…?»
  • «Sie kann das NOCH nicht. Aber das nächste Mal funktioniert’s bestimmt.»
  • «Jeder macht Fehler. Das ist halb so schlimm.»
  • «Diese Kritik hat sie auch schon gehört, aber das ist längst überholt.»

Habe ein gesundes Selbstbild

Mache dir deine Stärken klar bewusst. Schreibe sie in einem Positive-Gedanken-Tagebuch auf und lies deine Notizen regelmässig durch. Frag dein Umfeld, was sie an dir besonders schätzen, was dich auszeichnet.

Vergleiche dich nicht

Gesunder Vergleich, um sich inspirieren zu lassen ist gut und hilfreich. Du musst aber nicht wie andere werden. Werde zum Besten deiner Selbst.

Gute-Laune-Aktivitäten

Hast du mal einen weniger guten oder sogar schlechten Tag, dann nutze dein Positive-Gedanken-Tagebuch mit Guten-Laune-Listen: Playlist deiner Lieblingsmusik, Liste deiner Lieblingsgedanken, Lieblingserlebnissen, Lieblingsaktivitäten. Ruf einen deiner Lieblingsmenschen an oder noch besser, treffe dich mit ihm.

Erfolge aufschreiben

Schreibe deine Erfolge auf, egal wie klein oder gross sie sind, idealerweise in deinem Positive-Gedanken-Tagebuch. Darin sammelst du alles, was du bisher erreicht und geschafft hast. Das ist dein Nachschlagewerk, mit dem du die Stimme des inneren Kritikers zum Schweigen bringen kannst.

Einfach umzusetzende Trainings für deinen Alltag

  • Achte auf eine aufrechte Körperhaltung!
  • Führe liebevolle Selbstgespräche!
  • Lobe dich!
  • Schenke dir Zeit!
  • Atme immer wieder tief durch und lächle!

Arbeite mit deinem inneren Kritiker zusammen, er soll dich freundlich und empathisch beraten. Dann wird er zu einem wertvollen Begleiter. Und denk daran, du bist die Chefin, der Chef, der sagst, wo’s lang geht.

Viel Erfolg und Freude beim Umsetzen!